Robin Hood und der Kesselflicker

Robin and the Tinker at the Blue Boar Inn 
by
Howard Pyle 1883

Diese Geschichte zeigt sehr schön, dass Robin Hood eben kein 'normaler' Verbrecher war und ihm ein friedvoller Weg allemal lieber als ein Kampf. Außerdem wird eine wichtige Stätte, die 'Blue Boar Inn' (im dt. wird sie oft als 'Zum Blauen Eber' übersetzt), eingeführt, die ein höchst wichtige Frage beantwortet: Wo die Geächteten sich aufgehalten haben, wenn's im Wald zu ungemütlich wurde.

Nachdem der Sheriff von Nottingham erkannt hatte, dass er Robin Hood durch bloße Gewalt nicht fangen konnte, beschloss er, dessen Festnahme ein wenig schmackhafter zu machen, indem er ein gewaltiges Kopfgeld auf den Geächteten aussetzte. Da die meisten Menschen im Umkreis aber wussten, wie sehr Robin ihnen im Wald überlegen war, meldete sich niemand auf dieses Versprechen. Eines Tages kam aber ein Kesselflicker aus einer anderen Grafschaft nach Nottingham und erfuhr zum ersten Mal von Robin und dem Kopfgeld. Er war ein großer und starker Mann, der vor praktisch nichts Angst hatte, aber nicht besonders viel besaß, dadurch erschien ihm dieses Angebot doppelt verlockend.
Obwohl ihm mehrere Bekannte abrieten und ihn warnten, sprach er schließlich bei dem Sheriff vor und wurde überaus erfreut begrüßt. Der Sheriff dachte bei sich, dass es wirklich nur einem Mann von der Statue des Kesselflickers gelingen könnte, Robin Hood zu besiegen und er zeigte sich so begeistert, dass er dem Kesselflicker neben einem offiziellen Haftbefehl auch noch einen Vorschuss auf die Belohnung gab.
So machte der Kesselflicker sich sehr gut gelaunt auf den Weg und kehrte auch in mehreren Schenken ein, die auf dem Weg in den Sherwood lagen. Da er sich keine Vorstellungen von dem Nachrichtensystem von Robin hatte, fragte er jeden, den er traf, ob er denn einen gewissen Robin Hood kenne und ihm den zu ihm zeigen. So hatte Robin schon lange von dem Mann erfahren, ehe dieser erst tiefer in den Wald eingedrungen war.
Der Kesselflicker war zu dem Zeitpunkt schon ein wenig enttäuscht, da Robin Hood sich nicht einfach so zu erkennen gegeben hatte und daher freute er sich, als ein junger Mann, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, aus einem Gebüsch trat und ihn ziemlich unverfrohren begrüßte. Da er annahm, dass er ein Förster oder ähnliches sei, fragte er ihn sofort, ob er einen Robin Hood kenne.
Robin - der selbst gekommen war - antwortete daraufhin, dass er Robin Hood sehr gut kenne und beschrieb ihn kurz: Er habe ungefähr die gleiche Größe wie er selbst, ungefähr die gleiche Haarefarbe und auch ungefähr die gleichen Augen. Der Kesselflicker hielt ihn für ein wenig eingebildet und fragte nur noch knapp, wo der Geächtete denn zu finden sei, er wolle ihm einem Haftbefehl zeigen und ihn zum Sheriff bringen.
Robin erwiderte darauf nur, dass Robin Hood sich um diese Zeit oft in seinem LIeblingswirtshaus "Zum Blauen Eber" aufhalten würde und er nichts gegen eine Einladung dorthin habe. Der Kesselflicker lud ihn daraufhin natürlich sofort ein, als Austausch für die Hilfe.
Im Gasthaus konnte er den Wirt gerade noch daran hindern, ihn zu begrüßen und er flüsterte ihm heimlich zu, das Getränk doppelt so stark zu machen wie gewöhnlich. Der Kesselflicker bemerkte den Unterschied nicht besonders, ihm fiel nur auf, dass das Bier hier besonders gut schmeckte und sprach ihm auch großzügig zu, während Robin immer nur an seinem Krug nippte. Schon nach kurzer Zeit fing der Mann an zu singen und schlief schließlich ein.
Robin griff daraufhin in dessen Sack und zog den Haftbefehl und das ganze Geld heraus, dann bezahlte er den Wirt, verlangte dann aber, dass der die gleiche Summe nocheinmal - von dem Kesselflicker - verlangen sollte, wogegen der Wirt natürlich nichts einzuwenden hatte, wie man sich denken kann.
Als der Mann endlich wieder wach wurde, entdeckte er, dass sein Begleiter verschwunden war - und mit ihm der kostbare Haftbefehl, ohne den er nicht nach Nottingham zurückkehren konnte. Der Wirt erklärte ihm dann auch unverfroren, wer sein Nachbar gewesen war und gab ihm den Tipp, sich ebenfalls den Geächteten anzuschließen, sonst würde er bestimmt Probleme mit dem Sheriff bekommen.
Noch ehe der Kesselflicker zornig auffahren konnte, präsentierte er dem Mann noch die Rechnung - und als er nichts zahlen konnte, beschlagnahmte er dessen Werkzeuge.

Hier endet die Geschichte manchmal, meistens geht sie aber noch weiter:
Wenige Tage später zog der - inzwischen völlig mittellose - Kesselflicker wieder durch Sherwood Forest, als ihm durch Zufall - wer wohl? - Robin Hood über den Weg lief, nur mit einem Stock bewaffnet. Ohne viele Worte ging der Kesselflicker - der ebenfalls nur einen Stock dabei hatte - auf ihn los und die beiden kämpften eine Weile miteinander, als schließlich Robins Stock zerbrach.
Der Kesselflicker triumphierte und wollte ihn mit nach Nottingham nehmen, aber Robin zog einfach sein Jagdhorn hervor und blies kräftig hinein, sodass innerhalb kürzester Zeit mehrere seiner Männer bei ihnen waren.
So wieder Herr der Lage bot Robin dem Kesselflicker schließlich an, sich ihnen anzuschließen und dieser willigte auch bald ein, da er zugeben musste, nicht wirklich etwas gegen Robin zu haben und ihn eigentlich sogar mochte.
Der Sheriff erfuhr nie wieder etwas von seinem Haftbefehl.

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