Diese Geschichte ist meine persönliche Lieblingsgeschichte, einmal, weil meine Lieblingspersonen (Sir Richard at the Lea und Sir Roger of Doncaster) hier zum ersten Mal wirklich in den Mittelpunkt der Handlung kommen, aber auch, weil sie so wunderbar zeigt, was Robin für ein Mensch war, ein Mann, der nicht völlig einseitig denkt und nur seinen Leuten hilft, sondern wirklich ein großzügiger Mann ist, der seinem Grundsatz, den Bedürftigen zu helfen, treu bleibt.
An
einem Abend hatten die Geächteten mal wieder ein Festmahl angerichtet
und brauchten jetzt nur noch einen Gast, den sie erst bedienen und später
ausnehmen konnten. Daher gab Robin schließlich Little-John und Much
den Befehl, ein brauchbares Opfer heranzuschaffen. Es war ein verregneter
Tag, daher waren die beiden nicht besonders erbaut darüber, gehorchten
ihrem Anführer aber schließlich.
Sie versteckten sich in einem Gebüsch neben der großen Handlsstraße
und warteten, während ihre Laune immer mehr sank, da wegem dem Wetter
niemand vorbei kam, der auch nur einigermaßen vermögend genug wirkte.
Endlich sahen sie eine Ritterrüstung glänzen und beschlossen, den
Besitzer dieser Rüstung als Opfer zu nehmen. Sie hielten den Reiter an
und baten ihn - mehr oder minder - höflich, ihnen ins Lager zu folgen.
Da der Ritter wohl einsah, dass Widerstand zwecklos war, nahm er die Einladung
zum Essen 'dankend' an.
Im Lager angekommen, wurde er ausnehmend höflich begrüßt,
als wäre er ein besonders gerne gesehener Freund und das Essen, das aufgetischt
wurde, konnte kaum besser sein (vor allem für die Verhältnisse).
Die Geächteten wunderten sich sehr, als der Gast, der sich als Sir
Richard of the Lea vorgestellt hatte, seine Rüstung ablegte und nur
ein ärmliches Untergewandt zum Vorschein kam. Außerdem war Sir
Richard zwar sehr mager, aß aber fast gar nichts, nur soviel, wie die
Höflichkeit erforderte.
Als Robin schließlich um eine Bezahlung bat, gestand er schließlich
beschämt, dass er nur wenige Schilling bei sich führen würde,
was sich dann auch bestätigte. Natürlich war dadurch Robins Neugierde
geweckt und er hakte nach. Schließlich bekam er die Geschichte aus Sir
Richard heraus, sein Sohn hatte vor mehr als einem Jahr durch einen Turnier-Unfall,
einen Mann getötet und war verurteilt worden, da dieser Mann ein Verwandter
von Sir
Roger of Doncaster gewesen war und dieser Sir Richard schon immer um seine
Ländereien beneidet hatte.
Um seinen Sohn frei zu bekommen, hatte Sir Richard eine Menge Geld bezahlen
müssen, und war dadurch gezwungen gewesen, bei der Abtei von St. Mary's
einen Kredit aufzunehmen. Morgen sei der Zahltag und er sehe keine Chance,
das Geld noch auszutreiben, da die Ernte so schlecht gewesen war, konnte er
das Geld nicht auftreiben und hatte so seine Ländereien verwirkt.
Robin tat der Mann leid und daher entschloss er kurzerhand, diesem das Geld
(400 Pfund) zu leihen, ebenfalls auf ein Jahr, aber ohne Zinsen. Unter anderem
hatten das wohl auch die Worte des Ritters bewirkt, welcher die Heilige Jungfrau
als Schutzherrin ausgerufen hatte, von der Robin ebenfalls ein Verehrer war.
Sir Richard war überglücklich und schwor Robin Freundschaft und
Treue, aus Sicherheit, damit das Geld auch wirklich in der Abtei ankam, befahl
Robin seiner Rechten Hand, Little-John
, den Ritter zu begleiten und zu schützen.
Am nächsten Morgen brachen die beiden zur Abtei St Mary's auf und kamen
kurz vor Ablauf der Frist dort an. Ein großes Festessen war auch dort
vorbereitet, an dem der Abt, sein Kellermeister, der Prior und (nicht überall,
aber in mehreren Legenden) auch Sir Roger of Doncaster saßen.
Sir Richard beschloss, die Männer - die ihn übrigens nicht zum Essen
einluden - besonders zu blamieren und tat deswegen so, als könne er das
Geld immer noch nicht auftreiben und bat deswegen um eine Stundung der Schuld.
Die reichen Herren wiesen das natürlich ab und als der Prior schließlich
für den Ritter Partei ergriff, wurde er mit Gewalt zum Schweigen gebracht.
Als die Sonen fast untergegangen war (der Zeitpunkt, an dem die Ländereien
des Ritter verwirkt gewesen wären), befahl Sir Richard seinem 'Knappen'
John schließlich, das Geld mitten auf die Essenstafel zu kippen, was
dieser natürlich auch tat. Dann ließ er die Anwesenden beschwören,
dass seine Schuld beglichen war und verließ dann hochmütig den
Saal.
Draußen bedankte er sich noch einmal bei John und versprach, in einem
Jahr wiederzukommen. So fand Robin auch einen treuen Freund unter den 'Oberen
Zehntausend' von England.
Eine
Ergänzung gibt es noch, es heißt auch schonmal, dass der Bischof
von Hereford ebenfalls zu Gast im Sherwood Forest war, als Sir Richard
kam und das Geld, das man ihm abnahm, gleich weiterverwendet wurde, um Sir
Richard zu helfen. Dabei gibt es noch einen wunderschönen Wortwechsel,
der -meiner Meinung nach- in seiner Wendung typisch für Robin und seine
Leute ist und für den man die grüngekleideten Geächteten einfach
lieben muss.
In Dramaform sähe er vielleicht so aus:
Robin
kommt zusammen mit Sir Richard auf die Lichtung. Bischof von Hereford läuft
ihm aufgeregt entgegen.
Bischof: Endlich
bist du hier. Dieser freche Riese dort hat mich auf das schlimmste beleidigt!
Er nannte mich einen 'fetten Wucherer', einen 'Halsabschneider' und 'eingebildeten
Pfaffen'. Ich verlange, dass er sich entschuldigt.
Robin in strengem Ton zu John: Stimmt das, was ich da von dir
hören muss, hast du Seine Gnaden wirklich einen 'eingebildeten Pfaffen'
genannt?
John
in kläglichem Tonfall:
Ja Herr, das tat ich.
Robin noch strenger:
Und noch dazu einen 'Halsabschneider'?
John noch kläglicher: Ja Herr.
Robin als würde er ihn gleich streng bestrafen lassen:
Und außerdem noch einen 'fetten Wucherer'?
John als würde er gleich in Tränen ausbrechen: Ja.
Robin zum Bischof: Euer Gnaden, und dies war auch wirklich der
Mann?
Bischof triumphierend: Ja, Robin, ein wirklich böser Mensch!
Robin nach einer Pause in der Spannung entsteht, kopfschüttelnd
zum Bischof: Wisst Ihr, Euer Gnaden, ich kenne Little-John nun schon seit
vielen, langen Jahren, und ich muss sagen, er hat noch nie in dieser Zeit
ein einziges unwahres Wort gesagt.
Daraufhin brachen natürlich alle in Gelächter aus und zur größten Wut des Bischofs lachte sogar Sir Richard of the Lea mit und auf die erboste Frage des Bischofs antwortete er nur: "Ein guter Witz ist ein guter Witz und ich würde genauso darüber lachen, wenn er gegen mich gerichtet gewesen wäre."
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